STREET KREDIT PROFIT

STREET KREDIT PROFIT – eine Annäherung
 

street

was machen zweintopf eigentlich auf der Straße?
Sie schauen meistens ganz genau und fahren vermutlich oft zu langsam, obwohl sie doch auf der Überholspur sind.
Auf der Überholspur deshalb, weil sie die Spur nicht bloß als Gerade benützen, sondern die in ihr innewohnenden Handlungspotentiale nach links, rechts, unten und oben aktiv ausloten. Sie drehen die Dinge um, sie missbrauchen sie, sie missbenützen sie, sie missdenken sie.
In diesem bewussten Missverstehen liegt die große Kraft ihrer subversiven Aktionen. Um etwas missverstehen zu können, muss man sich zuallererst einmal gewiss werden, dass die Dinge nicht so sein müssen, wie sie zu sein scheinen, sie könnten durchaus auch ganz anders sein. Mit dieser gewissen Ungewissheit arbeiten die beiden sich kontinuierlich an einer dadaistischen Dekonstruktion unserer Wirklichkeit ab. Wenn nämlich die Dinge nicht mehr so sein müssen, wie sie zu sein scheinen, dann können sie auch wirklich ganz anders sein. Genau dann fächert sich der utopische Horizont des Alltäglichen auf. Genau dann wird der Alltag absurd und voller noch absurder Möglichkeiten. Genau dann werden Straßenschilder zu konkreter Poesie, Werbetafeln zu Kreuzworträtseln, Wiesen und Wälder zu Aktien-Kurs-Skulpturen, Skulpturen wieder zu Assemblagen,…

Genau dann werden beispielsweise Firmenlogos internationaler Multikonzerne zu geklebten Farbfeldmalereien, bleiben jedoch in ihren künstlichen, ursprünglichen Leuchtkästen und leuchten uns, eben nicht wie erleuchtende Leuchttürme in die Aufklärung, sondern führen uns in abstrakte Irre. Hier bietet nichts das, was man sich von den hier verwendeten Materialien erhofft und erwartet.
Und das spricht Bände über unsere Hoffnungen und Erwartungen!

kredit
warum haben zweintopf keinen Kredit?
Sie haben vielleicht einen … wer weiß.
Hätten sie einen faulen Kredit, sie würden ihn vermutlich kompostieren, rezyklieren. Sie würden in die Marktlogik vollends eintauchen und an der Dekonstruktion weiterarbeiten. Anders als auf der Straße, würden sie die Strukturen dieses Systems nicht einfach nur missverstehen und versuchen die Dinge umzudenken, nein, sie hätten einen einstudierten Blick ins System, würden aus dem trojanischen Pferd keinen Hasen machen, sondern das Pferd sprichwörtlich von hinten aufzäumen. Jedoch bliebe das Pferd immer noch dasselbe Pferd, nur zweintopf würden eben Reiten lernen. Was sie natürlich eh schon können. Sie würden sich die Möglichkeiten und Grenzen des Systems verinnerlichen und diesem dann von Innen auf die Außenhaut kratzen. Mit diesem Kratzen kratzen sie an unserer Wahrnehmung – was kratzt an uns? Welche Irritation irritiert uns? Zweintopf schleusen sich in analoge und digitale Systeme ein, stehlen Bilder, Texte und Objekte, legen ihren Referenzrahmen jedoch fast immer offen. So können wir nachvollziehen, an und in welchem System sie sich wieder abreiben.

Wir erkennen die einzelnen, verfremdeten Elemente, wir erkennen die Schlusssteine der Torbögen, wir erkennen all die vielen kleinen Designobjekte, die sich darauf spießen. Nennen wir sie Design, unfreundliches Design, unpleasant design, wie all diese kleinen Unannehmlichkeiten unserer aktuellen städtischen Architektur genannt werden. Taubenspikes werden längst schon nicht mehr nur gegen Tauben verwendet, es gibt sie auch in größer, in menschlicher, in unmenschlicher Größe. Und längst sind sie aus dem öffentlichen Raum in den privaten gewandert, Thujenhecken genügen längst nicht mehr – wir flimmern simulierte Fernsehbilder in die Öffentlichkeit, um unsere Privatsphäre zu schützen. TV-Simulator schützt TV.

profit

wovon profitieren zweintopf?
Von sehr vielem. Von der Absurdität unserer Welt. Vom heute. Von der Kunst und ihrem System. Von Prognosen und Lügen, vom Weltuntergang und Gebrauchtwagen.
Da wo Versicherungen im Trüben fischen, holen sich zweintopf den fettesten Fisch und filetieren ihn. Doch der fetteste Fisch hat meistens auch die meisten Gräten und stinkt zuweilen. zweintopf schrecken jedoch vor scheinbar nichts zurück und nehmen sich bewusst die kleinsten, aber auch die ganz großen Themen vor.

„Heute” wäre zum Beispiel eines dieser Themen. Heute kann relativ viel sein, gleichzeitig aber auch gar nichts, weil es im Moment ja schon wieder vergangen sein wird. Wie oft, wir alle bereits vergangen hätten sein können, davon zeugen goldene Jahreszahlen auf Schmuckkettchen, aufgespießt an der Wand – es sind prophezeite Weltuntergänge der letzten Jahre und der nahen Zukunft. Prophezeit wird ja so einiges. Manch fahrige Prophezeiung versteckt ihre Absurdität in erfundenen Zahlen und absurden Rankinglisten. In welcher Rankingliste Hans Ulrich, Rosemarie, Ai und Gerhard gemeinsam aufgelistet werden, und ob diese für Weltuntergang steht oder doch die totale Erlösung … das lasse ich Sie heute selbst erraten.
 
street, kredit, profit – ich füge hinzu:
eat
Die neoliberale Hydra frisst uns auf, Öffentlichkeit wird reguliert, wo es nur geht, mit Geld könnten wir uns freikaufen, nur durch das Geld sind wir nicht frei und werden es auch nicht werden. Positiver Kredit wird negativ, aber wir glauben dran.

zweintopf sind schwer verdaulich und hacken der Hydra beständig zwei, drei kleine Köpfe ab. Sie wachsen nach, doch wir alle haben kleine Messer in unseren Köpfen und Händen und kämpfen weiter.
 
Markus Waitschacher
 
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Dem Alltag in seiner Gewöhnlichkeit Poesie abtrotzen, irgendwo zwischen Ranking-Grammatik, Marktlogik und Markenrhetorik. Weltuntergangsprognose hin oder her: zweintopf bleibt auf der Suche nach der transzendenten Komponente in den uns umgebenden Dingwelten. Gebrauchtwagen und Fernsehen war gestern. Heute ist Simulation.

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